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Kerstin Bürger, Joachim Roßhirt. Zum Abschied gab's "Speyerer Kaffee" und Speyerer Wein - Ruländer. © Bernhard Bumb

Roßhirt war eine Bereicherung

Zum letzten Mal gab es „8 nach Acht“ mit dem bekannten Speyerer Buchländler in der Stadtbücherei

Speyer. - Seine Bemerkungen zu Büchern, oft Neuerscheinungen, waren subjektiv und dennoch überzeugend, denn sein Publikum kam immer wieder. Alle Besucher von „8 nach Acht“ sind bestimmt nicht immer seiner Meinung gewesen. Aber wie Roßhirt rezensierte, kritisierte, war nie langweilig. Dieser Literaturbesessene brachte seine Gedanken stets erfrischend rüber. Es fiel auch mal ein gar deftig Wort.

   Joachim Roßhirt hat begeistert, sei es seine Wertung, Beurteilung von zig Büchern seit 2011, seine Art gewesen: von voll des Lobes bis „Scheiße“. Mit Marcel Reich-Ranicki hat Roßhirt eines gemeinsam, der Speyerer Literatur-Freak konnte wunderbar zerreißen. Aber die Masse der von ihm vorgestellten Bücher hat es in seine „Top 10“ geschafft.

   Am vergangenen Donnerstag hat Kerstin Bürger den Speyerer Literaturpapst verabschiedet. Es hat Spaß gemacht, den Roßhirt zu hören und er hat es wohl geschafft, dass sein Auditorium in die Buchhandlungen ging um Werke, die in der Villa Ecarius präsentiert und kommentiert wurden, zu kaufen.

   Christine Stuck nimmt Roßhirts Platz ein. Ob die Reihe weiterhin „8 nach Acht“ heißt ( = acht Bücher nach 20 Uhr) oder ob das Format umgetauft wird, das wird sich zeigen, wenn am 27. April die Literaturfrau erstmals Bücher lobt und zerrupft. Christine Stuck tritt nicht in Roßhirts Fußstapfen, sie geht ihren Weg, zieht eine neue Spur hinter sich her und man darf schon jetzt gespannt sein, wie die Nachfolgerin ihre Buchvorstellungen meistert.

 

Roßhirts letzte Bücherliste:

   1. Im Rausch des Aufruhrs – Christian Bommarius. Roßhirt: „Lässt sich wegfrühstücken“. Es geht um die Separatisten in der Pfalz 1923, deren Anführer Heinz genannt Orbis im W-Hof in Speyer erschossen wurde.

   2. Das Versprechen – Damon Galgut. Es geht um die Creme der Gesellschaft in Südafrika, um die Post-Apartheit, um eine schwarze Angestellte. Roßhirt: „Große literarische Kunst“.

   3. Automation – Berit Glanz. „...sehr persönlich, spannend“

   4. Nachleben – Abdulrazak Gurnah. „...brillante Studie der Kolonialgeschichte“.

   5. Isidor – ein jüdisches Leben. Shelly Kupferberg. „...der Jude geht, sein Geld bleibt da“.

   6. Lektionen – Ian McEwan. „...deutsche Geschichte aus dem Blickwinkel eines Engländers. Brutal genial...“

   7. Patrick Modiano – Unterwegs nach Chevreuse. „...ein Erinnerungseinfänger. Unspektakulär und doch grandios“.

   8. Jan Müller/Rasmus Engler – Vorglühen. Es geht um Musik, um eine Band, eine sehr gute Milieustudie, Roßhirt: „...sehr empfehlenswert“.

   9. Ralf Rothmann – Die Nacht unterm Schnee. Ein traumatisches Erlebnis – Todes-Sucht – Alkohol-Sucht, Vergnügungs-Sucht, extrem bedrückend. Wohl kein sehr unterhaltsames Buch, aber interessant.

   10. Fabelhafte Wesen – Alberto Manguel. Es geht um Dracula, Alice im Wunderland, Superman und andere literarische Freunde. „...als sein Leben (Manguels) von Bedeutung wurde“.

   11. Kat Menschiks/Jakob Hein – Illustriertes Kompendium der psychoaktiven Pflanzen. Roßhirt findet es super gut.

   12. Small Things – Like These von Clair Keegan. Roßhirt: „...eine granatenmäßige Autorin, ein tolles Buch, Dieses Buch ist ein Segen“.

   Den rund 50 Besuchern des literarischen Abends in der Stadtbücherei gab Joachim Roßhirt mit auf den Weg: Werbung machen fürs Vorlesen. Immer weniger Eltern lesen ihren Kindern vor, so eine wissenschaftliche Studie. Den Kindern vorlesen sei enorm wichtig. Dafür bekam Roßhirt viel Beifall. - bb

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