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- Veröffentlicht am Freitag, 17. Dezember 2021 04:10
Speyer: Haushaltsplan für 2022 / Rede der SPD
- Es gilt das gesprochene Wort -
Sehr geehrte Damen und Herren, Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin, Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin, Sehr geehrte Beigeordnete, liebe Mitglieder des Stadtrats, verehrte Vertreterinnen und Vertreter der Presse, es ist keine neue Erkenntnis, dass wir uns seit fast zwei Jahren in einer Pandemie befinden. Durch Corona gibt es massive Veränderungen, auch bei uns vor Ort. Covid-19 hat viele Menschenleben gekostet, es werden noch viele lange unter den Folgen und Nachwirkungen einer Infektion zu leiden haben.
Auch die Wirtschaft und die öffentlichen Haushalte haben deutlich gelitten. Viel zu häufig ist in der Presse von der Aufgabe der Geschäfte von Gastronominnen und Gastronomen oder Einzelhändler:innen zu lesen. Damit sind harte Schicksale verbunden. Nicht nur deshalb fehlen Steuereinnahmen für unsere Stadt.
Für jeden ist der genaue Beginn der Pandemie vermutlich ein anderer Tag. Für mich war es der 13. März 2020, Freitagnachmittags hieß es, am nächsten Montag sind alle Schulen geschlossen.
Das war der Beginn einer Pandemie, der Beginn von unsicheren, unplanbaren, ungewissen Zeiten. Auch die politische Arbeit hat sich verändert. Kaum noch persönliche Treffen, zunächst keine Sitzungen in Präsenz, keine Veranstaltungen, Vernissagen, Eröffnungen, Einweihungen. Kurz gesagt: unsere Arbeit musste sich anpassen und teilweise stark reduziert werden. Unsere Arbeit, auch als Stadtrat und Gremien, hat sich damit verändert: zunächst in Telefonkonferenzen, später Videokonferenzen. Nach einigen Anfangsschwierigkeiten funktionierten unsere Online-Sitzungen gut. Wir alle haben den Umgang damit lernen müssen und diesen erlernt.
Doch zurück zu unserer Stadt und den Entwicklungen. Auch Kultur, Vereinsleben und der Sport waren und sind von den Einschränkungen hart getroffen. Unsere Kliniken, die Ärztinnen und Ärzte, die Pflegerinnen und Pfleger leisten Unmenschliches und gehen an ihre Belastungsgrenzen und darüber hinaus.
Doch es gibt einen Weg aus der Pandemie, und der geht über das Impfen. Daher bin ich der Stadtverwaltung und vielen anderen Beteiligten sehr für ihr Engagement dankbar. Mit der neuen Impfstelle im ehemaligen Stiftungskrankenhaus sowie den zahlreichen Impfaktionen von Drive-Thru bis offenen Impfangeboten sowie den zahlreichen Möglichkeiten in Arztpraxen sind wir sehr gut aufgestellt und werden hoffentlich schnell eine höhere Impfquote erreichen. Obwohl wir als Stadt schon als Vorbild gelten können, mit einer Impfquote bei den über 12-jährigen von über 94 Prozent. Besonderen Dank an Feuerwehr, THW, Prof. Haupt und Kolleg:innen sowie den Helfer:innen für die pragmatisch organisierte Massenimpfungen - alle Beteiligten hätten eine Auszeichnung verdient!
Auch für das wieder neu aufgestellte Testangebot sind wir sehr dankbar. Allen beteiligten Personen, Rettungsdiensten und Hilfsorganisationen möchte ich herzlich danken. Dies zeigt, was uns als Speyer ausmacht, dass wir solidarisch sind. Unser dringender Wunsch ist jedoch, dass auch unsere Nachbarn wie der Rhein-Pfalz-Kreis und andere Gemeinden genug Testmöglichkeiten bereitstellen und somit ermöglichen, das Infektionsgeschehen einzudämmen.
Doch schauen wir auf den vorgelegten Haushalt und wagen einen Ausblick. Die Finanzlage ist alles andere als gut, sondern weiterhin angespannt. Angespannt, obwohl Schulden abgebaut werden konnten: 10 Prozent zum Jahr 2018 und im Jahr 2020 nochmals 4,4 Prozent. Die Gründe dafür, die in allen Kommunen ähnlich bis gleich sind, sind uns schon lange bekannt: das Konnexitätsprinzip wird nicht eingehalten, die Kommunen sind strukturell unterfinanziert und die Altschulden sind noch nicht abgebaut. Gestern Abend gab es hierzu in der Haushaltsrede der rheinland-pfälzischen Finanzministerin Doris Ahnen im Landtag eine große Überraschung: das Land will die Hälfte der Kassenkredite, die in Rheinland-Pfalz insgesamt 6 Milliarden Euro betragen, übernehmen. Hoffen wir darauf, dass wir als Stadt auch davon profitieren.
Der Haushaltsplan für 2022 liegt bei Erträgen von ungefähr 192,6 Millionen Euro und Aufwendungen von 190,7 Millionen Euro. Damit sieht die Planung einen Jahresüberschuss von gut 1,1 Millionen Euro vor. Das ist ein ausgeglichener Haushalt, was ein großer Erfolg ist. Danke an alle Beteiligten, allen Mitarbeiter:innen in der Stadtverwaltung, die daran gearbeitet haben.
Schauen wir auf die Vorhaben und Ideen, die in diesem Haushalt enthalten sind. Im Bereich der Stadtentwicklung ist die Umgestaltung und Aufwertung des Postplatzes ein wichtiger Schritt. Der Plan ist, den motorisierten Verkehr in die zweite Reihe zu stellen und das Erleben der Innenstadt, der Geschäfte und Gastronomie, deutlich attraktiver zu machen. Auch neues Stadtmobiliar, wie von unserer Fraktion schon angeregt, wird deutlich zur Aufwertung beitragen.
An dieser Stelle möchte ich auf die Diskussionen um die Maximilianstraße Ende der 1980er Jahre verweisen. Damals war der Aufschrei, so berichten mir Kolleginnen und Kollegen, groß und heute haben wir eine der attraktivsten Innenstädte, die man sich vorstellen kann. Ein Traum von einer Flaniermeile vom Kaiserdom bis zur Gedächtniskirche - wie schön wäre das und die Gilgenstraße wäre nicht von der Maximilianstraße abgeschnitten, Speyerer:innen und zahlreiche Touristen würden bis zur Gedächtniskirche geführt.
Auch zur Stadtentwicklung gehört der Ausbau und die Ertüchtigung der Verkehrswege, sei es mit einem zukunftsfähigen und neu organisierten ÖPNV sowie dem Ausbau von Radwegen. Wir bringen uns in die Planung der Buslinien aktiv ein. Die Buslinien müssen so attraktiv sein, dass man ohne Auto gut in der Stadt unterwegs sein kann. Die Stadtteile müssen möglichst bequem vernetzt und angeschlossen werden, mit Blick auf Speyer-West und die Schulen sehen wir noch Verbesserungsbedarf. Nicht zuletzt wird der zukünftige Ticketpreis entscheidend für die Nachfrage und Nutzung der Buslinien sein.
Genauso gilt dies für die Radfahrenden, auch für diese muss das Angebot attraktiver werden. Radfahren ist nicht nur umweltfreundlich, sondern auch gesund und sozial gerecht: deswegen unterstützen wir die Ertüchtigung und den Ausbau der Radinfrastruktur! Fahrradstraßen werden mittlerweile in vielen Städten eingerichtet, bei uns gibt es kleine Anfänge. Da tun wir uns hier vor Ort noch sehr schwer. Wir wollen Lösungen und keine Verhinderungspolitik!
Auch bei der Überwachung des fließenden Verkehrs machen wir endlich Schritte nach vorne, eine Initiative, die von unserer Fraktion ausging. Auch die neue Brücke über die B39 ist eine wichtige Neuerung. Zur Entwicklung der Stadt gehört auch die Entwicklung ihrer Stadtteile, was eindrücklich am neu gestalteten Platz der Stadt Ravenna zu sehen ist. Auch nach Projekten wie Soziale Stadt ist es wichtig, am Ball zu bleiben und die Stadtteile und Quartiere weiterzuentwickeln.
Speyer ist attraktiv und wächst. Mehr und mehr Menschen, die in unserer Stadt wohnen möchten, finden keine bezahlbaren Wohnungen mehr. Zur Entwicklung unserer Stadt gehört daher der Neubau von Mietwohnungen zu bezahlbaren Preisen. So sind auf verschiedenen Flächen Planungen vorhanden, darunter auf dem Pionierquartier. Wichtiger Partner sind für diese Entwicklungen die GEWO und die anderen Wohnungsbaugesellschaften. Gleichzeitig kann eine Begrenzung von Ferienwohnungen ermöglichen, dass wertvoller Wohnraum nicht dem Wohnungsmarkt entzogen wird.
Genauso müssen wir daran erinnern, dass im Industriehof trotz des Wettbewerbs und aller notwendigen Änderungen, der ursprüngliche Charakter erhalten bleibt. Ein gesundes Miteinander, gerade auch mit den vielen neuen Nutzungsarten wie Gastronomie und Veranstaltungen neben Handwerk und Künstlerinnen und Künstlern muss weiterhin das Ziel sein.
Stadtentwicklung bedeutet auch Weichen für die Zukunft zu stellen und einen großen Wurf zu wagen. Mit dem Beschluss zur Bewerbung für die Landesgartenschau haben wir dies getan. Wir hoffen natürlich sehr, dass wir mit unserer Bewerbung überzeugen können und sind uns bewusst, dass wir starke Konkurrenten haben. Auch wenn wir am Ende nicht überzeugen sollten, können die Planungen als Grundlagen für die Stadtentwicklung dienen. Der Prozess lohnt sich auf jeden Fall, wir gewinnen wertvolle Anregungen, die wir nach und nach selbst umsetzen können.
Leider gibt es auch Entwicklungen in der Zusammenarbeit zur Entwicklung unserer Stadt, die noch nicht funktionieren und besser werden müssen. Die Vorhaben mit der Einzäunung am Binsfeld, die Entwicklung am Friedhof mit der sie begleitenden AG, die Zusammenarbeit mit der Initiative rund um den Ziegelofenweg sind hier beispielhaft zu nennen. Auch die missglückte Kommunikation rund um das Errichten von Fahrradbügeln im Kämmerergebiet gehören dazu. Gerade bei letzterem Vorhaben muss sich nicht nur die zuständige Dezernentin, sondern auch die Befürworter des S-Bahn-Halts Süd fragen lassen, wie sich das Vorhaben mit geringeren Parkmöglichkeiten, neu entstehendem Parksuchverkehr und generell mit der geplanten S-Bahn Station vereinbaren lassen sollen.
Auch ein Thema, was uns begleiten wird, ist die weitere Nutzung des Stiftungskrankenhauses. Im Moment sind wir einfach nur froh, ein so gut geeignetes Objekt als Testzentrum und Impfstelle mitten in der Stadt zu haben. Bei der Weiterentwicklung, nach der jetzigen Nutzung, sollten wir eine Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger initiieren, nicht von vorneherein auf teure Wohnbebauung setzen und natürlich den Stiftungszweck der Eigentümerin Bürgerhospitalstiftung beachten. Wir können uns gut vorstellen, die weitere Nutzung in Richtung eines Gesundheits,- Pflege und Therapiezentrums zu entwickeln. Weiteres dazu hat mein Kollege Walter Feiniler letztes Jahr in seiner Haushaltsrede ausgeführt.
An dieser Stelle ein großes Danke und unseren Respekt an alle Beschäftigten des medizinischen Bereichs und an alle Haupt- sowie Ehrenamtlichen, die deren Arbeit unterstützt haben. Sei es in Testzentren, im Impfzentrum und Impfaktionen und bei den Impfbussen sowie in der sehr guten medizinischen Versorgung in unserer Stadt. An dieser Stelle sei der Hinweis erlaubt, dass ein eigenes Gesundheitsamt oder wenigstens eine Außenstelle die Abstimmung und das Umsetzen von Maßnahmen sowie schnellere Informationen ermöglichen würde. Wir bedauern die Ablehnung durch das Land.
Ehrenamt ist wichtig für unsere Stadt, daher regen wir an, die Anerkennungen für ehrenamtlich Tätige mit kostenlosen Tickets für den ÖPNV noch auszubauen. Dies könnte für alle Inhaberinnen und Inhaber der Ehrenamtskarte ergänzt werden.
Im Bereich der Bildung ist allen voran die Umsetzung des Digitalpaktes mit einem Volumen von 4,1 Millionen Euro in diesem und nächstem Jahr zusammen, bei 3 Millionen Fördergeldern, zu nennen. Genauso wichtig ist die rasche Ausstattung mit stationären Luftfiltern - Ausgaben von 4,9 Millionen Euro bei Förderung von 80 Prozent - sowie Investitionen in die Infrastruktur der Schulen in Höhe von 5 Millionen Euro bis 2023, wovon 90 Prozent über Fördergelder abgedeckt sind. Wir wollen und müssen in Bildung, in unsere Kinder investieren.
An dieser Stelle unseren ausdrücklichen Dank an alle Beschäftigten in Kitas und Schulen, die in der Pandemie alles versucht haben, um Kinder und Jugendliche zu unterstützen. Sei es in der Notbetreuung, wechselnden Vorgaben für die Kitas sowie in Schulen dem Online-, Wechsel- oder Hybridunterricht, um nur einige Beispiele zu nennen.
Wir sind eine Sportstadt, die vielfältigen Angebote im Leistungs- und Breitensport sowie in unseren Vereinen zeigen dies. Gerade mit leider erforderlichen Schließungen von Sportanlagen hat sich gezeigt, wie wichtig es ist, die Angebote nutzen zu können. Von Sportvereinen und ihren Angeboten geht ein hohes Maß an Lebensqualität aus. Vereinseigene Anlagen müssen nun schon eineinhalb Jahre unterhalten werden, obwohl wichtige Einnahmequellen weggefallen sind. Mittelfristig wird man sich wieder über eine Erhöhung der Fördermittel unterhalten müssen. Geld allein darf und soll im Ehrenamt keine Motivation sein, aber für 7,50 Euro findet man einfach keinen mehr, der sich in die Halle stellt - die Inflation verschärft diese Entwicklung noch.
Genauso gilt, recht frei zitiert, ohne Kultur und Kunst wäre das Leben ein Irrtum. Wir haben ein tolles Angebot, mit Zimmertheater und Kinder- und Jugendtheater, Musikschule, Kunstverein und Städtischer Galerie, Bibliotheken und vielem mehr. Wir sind Kulturstadt, die wir fördern wollen. Die Verleihung des Weltkulturerbestatus für die SchUM-Stätten ist Anerkennung und Verpflichtung für die Zukunft zugleich, der wir nachkommen. Die Kultur und die Kulturschaffenden haben in der Pandemie vieles ertragen müssen. Danke an die gute Unterstützung durch die Kampagne Speyer.Kultur.Support. Es ist auch wichtig, dass wir als Rat eine Resolution zu Kulturveranstaltungen auf den Weg gebracht haben. Danke an alle Autorinnen und Autoren.
Im Namen der SPD-Fraktion bedanke ich mich herzlich bei den vielen Speyerer Vereinen, Initiativen sowie Bürgerinnen und Bürgern, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtverwaltung sowie der kommunalen Gesellschaften für ihre engagierte und kompetente Arbeit zum Wohle unserer Heimatstadt. Ein besonderer Dank geht an die Kämmerei mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie den weiteren Beteiligten in allen Fachbereichen für die Arbeit am Haushalt.
Danke auch an die Kolleginnen und Kollegen im Rat für die konstruktiven und sachlichen Debatten. Ich freue mich auf die weitere Zusammenarbeit.
Ein besonderer Dank geht an Sie, Frau Oberbürgermeisterin, für die umsichtige und gute Führung unserer Stadt in diesen sehr herausfordernden Zeiten. Danke ebenso an die Kolleginnen im Stadtvorstand. Das Management der andauernden Krisenlage erfordert viele spontane Abstimmungen, viele Überstunden und ein hohes Engagement. Das leisten Sie alle beeindruckend.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Frau Oberbürgermeisterin, die SPD-Fraktion stimmt dem Haushalt mit den üblichen Einschränkungen betreffend Flugplatz und S-Bahn sehr gerne zu.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. - Philipp Brandenburger