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„Der König trinkt!“ von Jacob Jordaens (*1593 Antwerpen +1678 Antwerpen) © Museumslandschaft Hessen Kassel

Bohnenkönig Sven im Brezelfestumzug. © Bernhard Bumb

In Speyer begannen die Jahre früher ziemlich närrisch – gehalten wurden Königreiche

Jahresanfang war am 1. Januar oder am Dreikönigstag (6. Januar).

   Das lag an zwei verschiedenen Kalendern. In manchen Gegenden, wie einst in Speyer, hat man am 6. Januar nicht nur das neue Jahr sondern auch mit einem Königreich die Fasnacht gestartet.

 

Das Spey'rer Königspaar Regina & Ottmar beim Narrenempfang in Ludwigsburg. © Bernhard Bumb

 

   Ermittelt wurde ein König oder eine Königin – das kam auf den Kreis der Gesellschaften an. Ernannt wurde rund um die Majestät ein Hofstaat. Wer die Krone bekommen soll hat entweder ein Los oder eine in einem Königskuchen versteckte Bohne entschieden – daher hießen die gekrönten Narrenhäupter dieser Späße Bohnenkönig beziehungsweise Bohnenkönigin.

 

3. v. l. Fasnachtskönigin Heide, 2. v. r. ihre Nachfolgerin Regina. © Bernhard Bumb

 

 

Fasnachtskönigin Britta, Bohnenkönigin Jennifer. © Petra Steinbacher

 

   Entstanden ist diese Tradition mit der zunehmenden Verehrung der Heiligen Drei Könige ab etwa 1200. In der Nacht auf den Dreikönigstag endeten die Rauhnächte, die Zeit, der „wilden Jagd“ (Dämonen, Geister und Werwölfe ziehen mit Frau Holle übers Land, verbreiten Angst und Schrecken) ist vorbei. Denn mit der Ankunft der Heiligen Drei Könige verschwinden diese Gestalten und es kann wieder ausgelassen und fröhlich gefeiert werden.

 

Bohnenkönigspaar Sven & Sonja. © Detlef Oertel

 

   Wann in Speyer die Tradition des Königreiches ihren Anfang genommen hat ist bis heute nicht bekannt. Aber zumindest schon im 16. Jahrhundert hat man in der pfälzischen Domstadt am Rhein Königreiche gehalten.

 

   

Fasnachtskönigin Angela, Fasnachtskönigin Jessika von Ludwigsburg mit ihrem Papa. © Petra Steinbacher

 

   So schreibt Bartholomäus Sastrow, der Mitte des 16. Jahrhunderts am Reichskammergericht in Speyer tätig war, dass eine Gesellschaft „zu Neujahr oder am Dreikönigstag“ einen königlichen Hof einrichtete und diese Ämter bestellte: König, Marschall, Kanzler, Hofmeister, Schenk, Truchsess und andere. Dabei sein musste der Narr. Jeder Amtsinhaber musste einen Beitrag für die Kosten des Königreiches geben – der Narr aber war frei.

 

Bohnenkönigin Esther mit Freunden und Bekannten. Das Bild hat ein Gast gemacht, der nicht genannt werden will.

 

   Sastrow: „In diesem Jahr (1550)…Mir fiel das königliche Amt zu...“ Einem niederländischen Freiherren bescherte das Los das Amt des Marschalls, der Wirt der Gesellschaft bekam die Rolle des Narren verpasst. Um die Zeche zu finanzieren gab es ganze und halbe Taler, Batzen, „ja mit Goldgulden“ wurde bezahlt.

 

Bohnenkönig Reiner. © Bernhard Bumb

 

   Sastrow war u. a. Schreiber am Reichskammergericht, kaiserlicher Notar, Jurist des Christoph von Löwenstein (Komtur des Johanniterordens) und fürstlicher Rat der Herzöge von Pommern.

   Jeden Sonntag ab Neujahr/Dreikönig wurden Königreiche gehalten bis zur Fasten, manchmal drei Königreiche an einem Sonntag. Diese Veranstaltungen wurden auch von „anderen Manns- und Frauenspersonen“ besucht, die als vermummte Gestalten mitgemacht haben. Die Königreiche sind oftmals ziemlich feuchtfröhlich und mit viel Tanz abgegangen.

 

Bohnenkönigin Iris mit ihrem Wappen. © Detlef Oertel

 

   Im Jahr 1847 wurde der Künstler Johann Baptist Schraudolph, der mit seinem Personal (Malern) im Auftrag König Ludwigs I. von Bayern und des Speyerer Bischofs Nikolaus von Weis den Dom ausmalte, Bohnenkönig von Speyer.

 

Bohnenkönig Peter. © Marco Neskudla

 

   Der berühmte Dichter Heinrich Heine (1797 – 1856) war Bohnenkönig in Paris und eine Kammerzofe der Maria Stuart (1542 – 1587), Königin von Schottland und Frankreich, war Bohnenkönigin. Auch in Frauenklöstern wurden in der Fasnachtszeit eine der Nonnen zu Bohnenköniginnen erhoben. Familien samt Verwandtschaft kürten meistens ihre jungen Söhne und Töchter zu Kinderkönigen und Kinderköniginnen.

   In Speyer ging‘s nach langer Pausenzeit mit den Königreichen ab 1957 wieder weiter. Stark gemacht hat sich für die Bohnenkönige, dieses bedeutende, uralte Speyerer Narrensymbol, der Verein Garde Corps Rot/Weiß Stadtgarde Speyer. Erster Bohnenkönig des Garde Corps war in der Kampagne 1957/1958 Walter Walch aus Bruchsal, er hat als Walter I. das königliche Narrenzepter geschwungen.

   51 Königreiche veranstaltete das Garde Corps bis 2007, dann wieder von 2018 bis 2020. Jutta Hinderberger, anno 2007 zur ersten Bohnenkönigin des Garde Corps gekrönt, ist seit vielen Jahren bekannt als „Kättl Feierdaach“ auf Bühnen in der Region. Nach Jutta Hinderberger folgten als Bohnenkönige/Bohnenköniginnen, Fasnachtsköniginnen und Fasnachtskönige:

   Angela Mohr – Anna Schütz - Britta Hecht - Jennifer Altmann (*Galling, Speyer/Haßloch) - Heide Göbelt - Regina Adam - Jessika Fischer (Ludwigsburg) - Ottmar Adam – Königspaar Regina & Ottmar Adam - Sven Schnersch - Reiner Molitor - Iris Geißler - Sonja Krämer - Königspaar Sonja Krämer & Sven Schnersch - Peter Bödeker (2023) und Esther Geiger (2024).

   Esther Geiger gibt die Krone am Samstag, 15. November 2025, im Naturfreundehaus Speyer an ihre Nachfolgerin weiter. Da müssen die Gäste aufpassen. Wenn der Narr oder ein Gast sieht, dass die Königin trinkt, dann ruft dieser laut:

   „Die Königin trinkt!“. Dann müssen alle Gäste mittrinken (oder so tun als ob). Wer das verpasst, der/die muss… - und das wird erst beim Königreich am 15. November verraten. - bb

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