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Wandern mit Genussgarantie

Traumhafte Wanderwege in der Südpfalz

Wandern, das bedeutet, die Welt auf zwei Beinen zu erkunden. Es ist unkompliziert und macht doch so vieles möglich. Wir können Gipfel erklimmen, zu denen uns kein Auto bringt. Es kann uns stolz machen, wenn wir auf einem Berg stehen und wissen, dass wir nur durch unsere eigene Anstrengung und Ausdauer den Weg geschafft haben.

   Wir können entlegene Orte entdecken, die uns für immer verborgen blieben, würden wir sie nicht erwandern. Doch es muss nicht immer hochhinaus gehen. Wir können herrliche Flusslandschaften erkunden und die pure Natur auch genießen, um am Abend die Eindrücke unerwarteter Naturschönheiten Revue passieren zu lassen – auch das ist Wandern. Letzteres bewegte meinen Mann und mich dazu, in die Südpfalz zu fahren. Denn „Wandern mit Genussgarantie“, das verspricht die Region entlang des Rheins und wir wollten herausfinden, ob es wirklich stimmt, dass man hier ursprüngliche Flusslandschaften erleben und märchenhafte Wäldchen erkunden kann.

   Die Gegend lockt mit urwaldähnlichen, verschlungenen Altrheinarmen und purem Naturgenuss auf den Pfaden des Bienwaldes. Bei der Auswahl der Touren stellen wir fest: Das Angebot an Wander- und Radwegen ist groß und in den gemütlichen kleinen Gaststätten kann man die traditionelle Küche, aber auch ausgefallene Kreationen genießen, deren Zutaten direkt von Höfen in der Nachbarschaft kommen. Wunderbare Voraussetzungen für einen Kurzurlaub.

   Dieser beginnt für uns im Ferienhaus „Alte Heimat“ in Schwegenheim. Hier haben wir eine schöne und moderne Ferienwohnung der neuen Generation für unseren Aufenthalt gemietet. Die kleine Wohnung ist hervorragend ausgestattet, liebevoll und vor allem mit Geschmack eingerichtet – einfach zum Wohlfühlen.

Mit Exotik und Idylle überraschen die Rheinauen

   Allein die Beschreibung des Treidlerwegs hat uns schon neugierig gemacht. Er startet in der Gemeinde Hördt und ist ein mit Prädikat ausgezeichneter Wanderweg. Er führt entlang der verschlungenen Altrheinarme durch die ganz eigene Welt der verwunschenen, geheimnisvollen und urwaldähnlichen Auenlandschaft. Man fühlt sich fast schon als Entdecker und kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. Nach jeder Wegbiegung erwarten uns neue spannende Landschaften, mal ein Fischteich oder ein Waldstück, mal ein Weiher, der sich mit den schönsten Seerosen schmückt, die in unglaublichen Farben blühen. Unbeschreiblich, welche Vielfalt diese Wasserwildnis hier zu bieten hat. Ganze Felder von Schwertlilien säumen den Weg, es wachsen wilde Orchideen und überall zwitschern Vögel, quaken Frösche und bilden so eine einmalige Geräuschkulisse. Unter einer unfassbar großen Pappel, auf dem Krabbenkopf, ist der ideale Ort für ein stärkendes Picknick und sich Zeit zu nehmen, die vielen Eindrücke aufzusaugen.

   Wandert man gestärkt weiter, findet man sich plötzlich auf historischer Route entlang des Rheins. Hier wird deutlich, woher der Treidlerweg seinen Namen hat. Knechte oder Zugtiere zogen schon im 9. Jahrhundert die Schiffe an Tauen und Seilen flussaufwärts, als die Dampfschifffahrt noch nicht erfunden war. Das klingt anstrengend! Nach der Rückkehr in den märchenhaften Auwald genießen wir noch die letzten Kilometer dieser schönen Strecke und stellen zurück am Auto fest, dass wir wirklich tolle Eindrücke mitnehmen und diese mit einem leckeren Essen krönen werden. Aber jetzt erst duschen und dann noch mal los ins Restaurant? Wir entschließen uns lieber auf dem Heimweg durch die kleinen Ortschaften zu fahren und in einem der vielen Hofläden, die es in der Region gibt, Pfälzer Leckereien direkt vom Erzeuger zu kaufen. Schließlich übernachten wir ja in einer Ferienwohnung und können uns selbst versorgen.

   Das Angebot der Hofläden ist wirklich toll und lässt einem das Wasser im Mund zusammenlaufen. Wir decken uns ein mit einem leckeren Rohschinken und natürlich mit der Hausmacher Leberwurst, die typisch ist für die Pfalz. In unserem Korb landen außerdem noch ein würziger Käse, frische Tomaten und eine hausgemachte Erdbeermarmelade. Dazu gibt es noch ein frisch gebackenes Bauernbrot mit knuspriger Kruste, dessen Duft sich im ganzen Auto ausbreitet. Lecker!

Die stillen Zeugen der Zeit

   Der zweite Tag soll ganz im Zeichen der bewegten Geschichte der Region stehen. Wir haben uns für die acht Kilometer lange Kurztour des Westwallwegs entschieden, weil man hier den ursprünglichen Bienwald hautnah erleben kann. Der Westwallweg startet im Örtchen Schaidt, wo man im Wald von mahnenden Resten der Westwall-Bunkeranlagen und der Panzergräben empfangen wird. Es hat ein bisschen was von Zeitreise, wenn man sich vorstellt, was hier in den Jahren des Zweiten Weltkrieges für ein Treiben geherrscht haben muss. Doch in der Geschichte geht es noch weiter zurück. Man passiert nämlich die Gräber von Turkos, Angehörige von Kolonialtruppen aus Nordafrika, die von den Franzosen im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 eingesetzt wurden. Fünf Turko-Soldaten erlagen in den ersten Kriegswochen in Schaidt ihren schweren Verletzungen und wurden im Bienwald beigesetzt. Ihre Gräber erinnern noch heute an ihren Einsatz weit entfernt von der Heimat. Wirklich beeindruckend!

   Es geht weiter entlang der Westwall-Bunkerlinie, der Siegfriedslinie, wo wir die Reste von Bunkern und den Trichter des ehemaligen Minengürtels passieren bis wir dann den breiten Waldweg verlassen und auf dem Heilbachweg weitergehen, der uns mitten in den nahezu unberührten Bienwald führt, der nicht forstwirtschaftlich genutzt und damit sich selbst überlassen wird. Hier können sich Flora und Fauna frei entfalten. Als nächstes kommen wir an der 400 Jahre alten Bismarckeiche vorbei und passieren weitere Bunker, bis wir wieder auf ein Highlight, die Bildeiche, treffen.

   Sie verdankt ihren Namen einem Auswanderer aus Schaidt, der eine Marienfigur schnitzte und damit um eine sichere Überfahrt nach Amerika bat. Diese Figur stand 150 Jahre lang in einem hohlen Eichenstamm, bis dieser zerfiel und ein neuer ausgehöhlter Stamm aufgestellt wurde. So ist der Westwallweg keinesfalls ein bedrückender Schauplatz des Krieges, sondern überrascht mit vielen positiven Geschichten aus der Region. Doch der Weg kann mehr als Geschichte.

   Auf dem Heimweg halten wir noch in Kandel und kehren im Naturfreundehaus ein, um in der gemütlichen Gaststätte mitten im Wald etwas Leckeres zu essen. Im Schatten der Bäume stehen für die Gäste viele Bänke bereit. Auch die Kandeler nutzen diesen Ort gerne, um gemeinsam abends noch ein kühles Bier zu trinken. Wir probieren den Pfälzer Saumagen und dann dazu eine kühle Rieslingschorle aus dem Schoppenglas. Typisch pfälzisch eben. Ein gelungener und leckerer Abschluss!

Besinnung und Erholung am Bach

   An unserem letzten Tag wollen wir noch mal ein bisschen was von der tollen Auenlandschaft genießen, die man hier nicht nur entlang des Rheins bewundern kann. Deshalb haben wir uns noch den Druslach-Bacherlebnisweg in Lingenfeld ausgesucht. Von unserer Unterkunft in Schwegenheim ist es dahin nicht weit. Es geht schon sehr beeindruckend los, denn nach ein paar Metern hat man den ersten atemberaubenden Blick auf die verwunschen wirkende Bachlandschaft. Wir sind nicht die einzigen, die das in den frühen Morgenstunden genießen: Ein einsamer Kanute lässt sein Boot mit sanften Bewegungen durchs Wasser gleiten. Ein traumhafter Ort um in den Tag zu starten! Während der Weg durch einen kleinen Tunnel aus Pappeln und anderen Uferbäumen führt, hat man immer wieder die Möglichkeit direkt ans Wasser zu gehen und auf alten Baumstämmen auszuruhen oder sich einfach nur an der Natur zu erfreuen, die so still und friedlich vor einem liegt. Diese Stille wird nur von den Tieren unterbrochen, die hier ein Konzert ihrer Laute zum Besten geben.

   Der Weg führt nach ein paar Kilometern zur Tuchbleiche, dem Waschplatz, an dem früher die Dorfbewohner ihre Wäsche wuschen. Erleichtert, dass diese kräftezehrende Arbeit heute die Maschine übernimmt, kann man hier wunderbar rasten und bei einem Picknick die Füße ins Wasser hängen. Wir setzen unseren Weg fort, auf dem wir über Streuobstwiesen kommen und natürlich immer wieder am Ufer der Druslach innehalten um diese Naturschönheit zu genießen. Im Staubereich des Baches kann man Angler beobachten, wie sie mit Ruhe und Geduld auf den nächsten Fisch warten, der anbeißt.

   Der Weg ist nichts für Action-Wanderer und wir bemerken irgendwann, dass sich unsere Schritte ganz unbewusst verlangsamt haben und sich eine Gelassenheit und Zufriedenheit einstellt. Der Druslach-Bacherlebnisweg ist Erlebnis und Genuss zugleich. Es überrascht einmal mehr, welche Naturschönheiten sich hier in der Region verstecken.

   Doch aufgepasst: Im Sommer sollte die Wege am Wasser nur begehen, wer sich vorher gut mit Insektenschutzmittel versorgt hat, andernfalls können die vielen Stechmücken (auch Schnaken genannt) der Wanderung etwas von ihrem Charme nehmen.

   Da wir es uns am letzten Abend gut gehen lassen wollen, entschließen wir uns im Restaurant Müllers in Leimersheim zu essen. Es soll dort tolle Gerichte und einen kulinarischen Kalender geben und man sitzt auf der Terrasse direkt am Wasser. Wir werden nicht enttäuscht und nehmen etwas wehmütig Abschied von der Südpfalz, die uns in vielerlei Hinsicht positiv überrascht hat. Dass zwischen dem Rhein und dem Pfälzer Wald solch ursprüngliche und schlichtweg atemberaubende Natur zu finden ist, hätten wir nicht geahnt. Wir kommen wieder!

   Wer seine Kinder für das Wandern begeistern kann, der ist in der Südpfalz ebenfalls richtig. Die Wege sind durch die wenigen Steigungen nicht besonders anstrengend und dadurch für jedes Alter gut zu erwandern. Für Familien gibt es in Bellheim spannende Geo-Caching-Touren, bei denen man ausgestattet mit GPS-Geräten, eine aufregende Schnitzeljagd erleben kann und am Ende sogar einen Schatz findet.

   In Büchelberg kann man auf den Entdeckungspfaden mit ihren interaktiven Schautafeln alles über das kleine Ökosystem Streuobstwiese erfahren. Es ist erstaunlich wie viele verschiedene Obstsorten dort wachsen und wie wichtig die Wildbienen für eine üppig Ernte sind, damit die saftigen Äpfel im Herbst z.B. zu einem leckeren Apfelsaft verarbeitet werden können.

   Die Südpfalz ist also für begeisterte Genusswanderer eine tolle Möglichkeit einen erholsamen und gleichzeitig abwechslungsreichen Urlaub zu verbringen. Ob für Kinder oder ältere Menschen – die Wanderwege sind für jeden gut zu gehen und können über Generationen hinweg begeistern. Wer also die ursprüngliche Natur genießen möchte, ist hier genau richtig!

   Tipp: Eine Neuauflage der Wanderbroschüre Südpfalz mit vielen weiteren Touren ist ab August beim Südpfalz-Tourismus Landkreis Germersheim e.V. erhältlich. - Lena Klein

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